Der Haifischsattel
Das Problem ist folgendes: die Gitarre - insbesondere die E-Gitarre, aber
auch die Western und nur in geringem Maße die Konzertgitarre - lässt sich nicht richtig
stimmen und klingt immer irgendwie schräg. Versuchen Sie mal, eine Strat so zu stimmen,
daß die Oktaven in den unteren Lagen korrekt sind, also G auf der 6. Saite mit G-Saite
leer, A-Saite leer mit A auf der 3., H auf der 5. mit H-Saite leer , D leer mit D auf der
2. usw! Es ist schlichtweg nicht möglich, die gedrückten Töne sind gegenüber den
Leersaiten immer zu hoch.
Die Ursache dafür liegt darin, daß die Saite beim Herunterdrücken gedehnt wird
und sich die Tonhöhe dadurch stärker erhöht als es durch die mathematisch ermittelte
Position des Bundstäbchens vorgesehen ist. In den höheren Lagen läßt sich dies gut
ausgleichen durch das Versetzen des Steges weg vom Schalloch (Verlängern der Saite).
Unglücklicherweise wird dieser Effekt aber umso weniger wirksam, je weiter wir uns in die
unteren Lagen begeben. Das folgende Beispiel soll dies deutlich machen: Ich
gebe der 6.Saite einer E-Gitarre eine Zugabe von 6mm bei einer Mensur von 60 cm (lässt
sich schön rechnen) , um die Oktavreinheit herzustellen. Diese 6mm werden für jeden Ton
zur rechnerischen Länge der schwingenden Saite dazugegeben, egal ob ich am 2. Bund oder
am 12. Bund drücke. Während die absolute Zugabe also für alle Töne dieser Saite
gleich ist, wird die prozentuale Verlängerung der Saite durch die Zugabe umso
größer, je höher ich in die Lagen komme. Machen die 6mm für die Leersaite 1% aus, sind
es am 12. schon 2% und am 24. Bund 4%. Für den 2. Bund dagegen ergibt sich ein Plus
von 1,12 %, das sind nur mickrige 0,12% mehr als für die Leersaite - viel zu wenig,
um die Tonerhöhung durch die Dehnung der Saite auszugleichen! Je weiter ich mich
also zu den unteren Lagen hin bewege, desto weniger kann ich die Tonhöhe durch Änderung
der Zugabe beeinflussen.
Gedehnt wird die Saite ja bei jedem gegriffenen Ton, egal auf welchem Bund. Ein
Sonderfall ist einzig die nicht gegriffene Leersaite. Und wenn ich schon den gegriffenen
Ton nicht mehr tiefer machen kann, so kann ich doch den Ton der Leersaite höher machen im
Verhältnis zum gegriffenen - und schon ist die Stimmung wieder im Lot!
Möglich ist dies durch Verschieben des Sattels in Richtung 1. Bund, und die Wirksamkeit
dieser Korrektur ist (wie gewünscht) am stärksten in den unteren Lagen und immer
weniger werdend in den höheren Lagen. Damit ist die Sattelverschiebung durch den
Haifischsattel die perfekte Ergänzung zur Stegzugabe!
Wie sieht die Sattelkompensation nun praktisch aus? Wie wir schon an der
Stegzugabe einer E-Gitarre sehen, reagieren die Saiten unterschiedlich stark auf die
gleiche Erhöhung der Spannung. Je dicker der Kern der Saite, desto mehr Zugabe ist am
Steg erforderlich. Genauso muß es sich am Sattel verhalten: die dicke E muß viel mehr
verkürzt werden als die D-Saite, die G blank viel mehr als die E1.
Und so sieht er dann aus, der Haifischsattel:
Die absoluten Maße für die Sattelkompensation hängen ab von der
Saitenstärke, der Mensur, der Höhe der Bünde und vom Druck, den der Spieler auf die
Saite ausübt ( in dieser Reihenfolge der Gewichtung).
Für die E-Gitarre rechne ich etwa bei .010er Saiten und Strat-Mensur mit
folgenden Werten: E6 3,2 mm / D4 1,4 mm
, G3 2,1 mm / H2 1,0 mm
/ E1 0 mm
Für die Westerngitarre ( .012er Saiten ) braucht es erheblich weniger
: E6 1,5 mm / G3 (umsponnen!)
0,5 mm , H2 1,0 mm / E1 0,3 mm.
Bei der Konzertgitarre rutscht die Sattelkompensation auf unter 1 mm.
Die einfachste Methode (und noch dazu wieder rückgängig zu machen), den
Haifischsattel bei einer schon fertigen Gitarre zu installieren, besteht darin, daß zwei
Stückchen Knochen der Griffbrettwölbung angepaßt und dann auf das Griffbrett geklebt
werden. Bei neuen Gitarren kann der Sattel im Ganzen nach vorne verschoben und die
Kompensation in den Knochen eingearbeitet werden.
Selbstverständlich muß nach Einbau des Haifischsattels die Stegzugabe neu
eingestellt werden!
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